Der 1. Weltkrieg
und meine Familie
aktualisiert am 22.02.2015
Im Felde bei Darkehmen
11. August 1914
Lieber Vater
Im….. der Ereignisse und bei dem
anstrengenden Dienst hatte ich beinahe
Deinen Geburtstag vergessen. Eben fällt es
mir aber noch ein. Ich gratuliere Dir also
hiermit Recht herzlich und gebe dem Wunsch
und der Hoffnung Ausdruck, daß wir uns
beide gesund wiedersehen.
Es wird vermutlich einen harten Kampf geben.
Es sind zuviel die gegen uns sind, aber um so
größer wird der Kampfesmut bei den
deutschen Truppen sein. Das sie auch heute
noch was können, hat ja die Erstürmung von
Lüttich, die ja so schnell erfolgte, bewiesen.
Ich glaube, dass unsere Brüder an der
französischen Grenze mehr zu tun
bekommen als wir oben. Wir liegen jetzt den
5. Tag auf Vorposten. Ich bin mit 1Feldwebel,
1 Unteroff. und 30 Mann auf Feldwache. Von
den Russen haben
wir bis jetzt noch nichts gesehen. Die ganze
hiesige Gegend scheint frei von Feinden zu sein.
Nur Kosaken treiben sich in großen und kleinen
Trupps umher. Die werden beschossen, entkamen
aber in der Nacht. Ich war gerade mit einigen
Kameraden auf Patroille und habe nichts gesehen
von den Kosaken. Durch Aufgeregtheit oder
Ungeklärtheit wurden wir beinahe von unseren
eignen Leuten erschossen.
Das Feuer wurde aber noch rechtzeitig eingestellt.
Wir müssen fortwährend auf dem Posten sein und
an Schlafen ist nicht zu denken, immerhin hat der
Dienst auch sein Gutes. Es gibt hier sehr viele
und wohlhabende Bauern, die feindlichen Gehöfte
in der Umgebung wurden abpatroilliert und die
Leute geben bzw bewirten uns immer sehr
reichlich, wenn sie kommen. So schön wie jetzt habe
ich lange nicht mehr gefrühstückt. Die Bewohner hier
an der Grenze sind sehr ängstlich, da sie
Kosakeneinfälle befürchten. Sie sind immer froh,
wenn deutsche Soldaten kommen und in ihrer Nähe
sind. Uns geben sie alles, besser als wenn sie es den
Russen geben müssen.
Im allgemeinen scheinen in Rußland traurige
Zustände zu herrschen. 2 Schwadrone Kosaken
haben sich an anderer Stelle freiwillig ergeben, weil
sie und ihre Pferde nichts zu essen haben. Aus dem
gleichen Grund kommen sie auch einzeln herüber
und sollen, wie die Bewohner erzählen ihre Pferde
verkaufen für den Spottpreis von 20 Mark. Wenn das
alles wahr ist, so kann es ja gut werden. Mit
hungrigen Soldaten wird Rußland keinen Krieg
gewinnen. Es scheint dort mit der Verpflegung